Monat: Juli 2017

Zwei Leben

Ich bin zu Hause.

Meine Reise ist kurz und unspannend, bis auf die Tatsache, dass ich Island von oben sehen kann. Da ich mit Island Air fliege, muss ich in Rekjavik den Flieger wechseln. Ein spektakulärer Anblick. Es sieht sehr karg, rauh und irgendwie wild aus. Keine Bäume, aber Vulkane und Gletscher sind zu sehen. Lavalandschaft wechselt sich mit flächigem Grün ab. Orte sind nur wenige zu sehen. Der Schock kommt beim Aussteigen. Wir haben 11 Grad und ein eisiger Wind fegt über das Flugfeld ????(Wir schreiben den 25.07.!) Zu wenig für meine leichte Bekleidung. Dennoch bin ich etwas angefixt, Da muss man nochmal hin, wenn dicke Jacken und Wollsocken vorhanden sind. Island Air bietet einen Stop-over bis zu 7 Tagen ohne Preisaufschlag an. Das ist was für den Rückflug……

Während ich jetzt hier mit der Müdigkeit durch den Jetlag kämpfe, bringt Reiner das Schiff in die Chesapeakebay zurück und kämpft mit der Müdigkeit des Einhandseglers. Gleich nach unserer Abreise bietet sich der passende Wind an und die Fahrt geht los. Mir ist etwas mulmig, ich weiß, wie schwierig es ist, nachts wach zu bleiben. Da er an der Küste entlang fährt, gucke ich fortlaufend bei Marinatraffic nach dem AIS, alle 1-2 Stunden frage ich über What’s App, ob er noch fit ist. Vielleicht nervig, aber so kann ich ihn wenigstens wach halten. Auf offener See kann man zwischendurch mit dem Wecker durchaus mal 20 min. schlafen. An der Küste, wo Fischer unterwegs sind, geht das nicht.

Aber es geht alles gut. Ich bekomme immer schnell eine Antwort. Er ist wach und erreicht nach gut 24 Std. den Ankerplatz bei Lewis. Nach einer guten Mütze Schlaf geht die Fahrt heute auch gleich weiter bis durch den C&D Kanal. Das ist ohne Nachtfahrt machbar. Die anstrengendste Strecke liegt hinter ihm.

 

 

 

Wir haben fertig

Die Zeit in NY geht zu Ende. Wir haben uns viel Zeit gelassen und viel gesehen. Von unten, von oben, von rechts und von links. Die Füße sind durch.

Es war eine großartige Zeit, New York gehört wohl zu den imponierendsten Städten, die wir/ich gesehen haben. Alle bisher gehörten Adjektive treffen auf die Stadt zu. Der Satz“ New York, the City never sleeps“ stimmt zu 100%. Niemals könnte ich in einer solchen Stadt leben, niemals gibt es eine Pause und niemals kehrt Ruhe ein.

Vielleicht ist es irgendwem aufgefallen, ich habe nicht über das Wetter gejammert. Das Klima hier ist ok. Es ist zwar tagsüber ordentlich warm bis 30 Grad, kühlt aber, abgesehen von den letzten beiden Tagen, nachts gut runter. Bei Temperaturen um Anfang 20 Grad kann man wunderbar schlafen. Die Luft ist trocken und in der Stadt weht der Wind durch die Häuserschluchten, eine Seite der Straße liegt immer im Schatten.

Einen letzten Ausflug wird es noch geben. Wir wollen einen Tag im Central Park verbringen, von oben sah er (wie alles) riesig aus. Vielleicht gibt es dort Ruheoasen, wir werden sehen.

Am Montag fliege ich mit meinen Kindern nach Hause. Reiner wird das Schiff zusammen mit Thomas und seiner „That’s Life“ nach Deltaville bringen. Einhand. Die Strecke ist nicht schwierig. der Weg führt die Küste entlang. Bei ablandigem Wind entsteht keine Welle und auf Wind muss man hier eher hoffen, als dass man sich vor zuviel fürchten muss.

Anstrengend wird es dennoch werden, denn der lange Schlaf, den wir uns sonst abwechselnd gönnen, entfällt Der erste mögliche Stopp ist Altantic City, die Strecke bis dorthin 80 sm.

In Deltaville kommt das Schiff aus dem Wasser. Es gibt viel zu tun, zwei Jahre Dauereinsatz haben ihre Spuren hinterlassen. Und letztendlich müssen auch noch die „Baustellen“ am Rigg beseitigt werden. Aber dazu ist jede Menge Zeit. Vor November können wir nicht wieder in den Süden fahren, bis dahin dauert die Hurricansaison. Aber wollen wir da überhaupt hin?

Es gibt so einen leisen Ruf, der mit Ka…… anfängt. Wir werden sehen.

Eindrücke

NY macht einen platt. Wir brauchen Abwechslung.

Eigentlich wollten wir in der 79th am Ende des Broadway’s an eine Mooring gehen, um einen kurzen Weg in die Stadt zu haben. Da dort Unterwasserarbeiten stattfinden, geht das nicht. Im
Nachhinein vielleicht gut so. Ein paar Tage kann man das sicher aushalten. Ob wir dort länger bleiben würden…., ich glaube nicht.

Die XXL-Stadt fasziniert. In fast jeder Ecke findet man Dinge zum Staunen. ( Vor allem, wenn man vom Land kommt…????). Kommt man abends aus der City, spült man noch den Staub ab und fällt ins Bett. Und deshalb brauchen wir Pausen. Sonst wird der Aufenthalt zum Dauerstress.

Unsere Bucht eignet sich gut für Pausen. Durch die geschützte Lage ist das Wasser platt. Das Kanu kommt zum Einsatz. Auch der kleine Strand gegenüber vom Schiff lässt sich nutzen. Es ist kein Traumstrand, aber immerhin ein Strand, an dem sich ein Grill aufbauen lässt. Mit Blick auf den Sonnenuntergang schmeckt das kühle Bier, die Batterie kann aufgeladen werden.

Kurz nach unserer Ankunft hatte ich mir die Frage gestellt, wie man in einer solchen Stadt leben kann. Bis heute weiß ich es nicht, aber irgendwie muss es gehen. Allein in Manhattan wohnen ca. 1,6 Mio Menschen. Dazu kommen täglich Tausende von Touristen. Vielleicht lernt man mit der Zeit, das Getümmel und die Geräuschkulisse auszuschalten. Vielleicht wird man aber auch mit der Zeit verrückt oder stumpft vollkommen ab.

Wir machen jetzt nur noch kleine Touren. New York in fünf Tagen? Eine Horrorvorstellung, die nur mit anschließender Rehamaßnahme denkbar ist.

 

Regenprogramm

Seit die Crew gestern angereist ist, regnet es. Es regnet nicht nur, es wird auch kalt, nachts gehen die Decken im Schiff aus. Ein richtig kalter Wind fegt in und durch das Schiff.

Da wir aber auch Programmpunkte, die sich für schlechtes Wetter eignen auf dem Plan haben, nehmen wir die eben zuerst. Das 9/11 Memorial steht an. Und irgendwie passt es auch zum Wetter. Die Fahrt mit der Fähre, die eigentlich einen spektakulären Blick auf Manhattan bietet, wird alles andere als spektakulär. Manhattan versinkt zur Hälfte in den tiefhängenden, grauen Wolken.

Der Weg zum Worldtradecenter ist nicht weit vom Fährterminal. Nach 5 Minuten erreichen wir die Gedenkstätte. Auf Bildern eher schlicht und nüchtern, wirken die großen Becken, in denen Wasser an den Wänden bis in die dunkle Mitte läuft, bedrückend. Auf dem Rand der Becken stehen die Namen aller Opfer. Man wird zum ersten Mal still.

Auch die Gedenkstätte im inneren Teil ist beeindruckend und berührt, ohne theatralisch zu wirken. Im „Keller“ der ehemaligen Twintowers zeugt die Ausstellung in zeitlicher Abfolge von den Geschehnissen des 9.11. Dazwischen stehen Teile von geschmolzenen Trägern, Reste einer Treppe und angeschmolzene Feuerwehrwagen. Auf dunkle Wände werden einzelne Fotos von Menschen, die vor Ort waren, projiziert. Der Schmerz ist fühlbar.

Obwohl ich zum Zeitpunkt des Attentates zufällig den Fernseher laufen hatte und die Bilder noch vor Augen habe, ist es dennoch etwas anderes, am Ort des Geschehens zu sein und die Zusammenhänge der verzweifelten Rettungsaktionen vor Augen zu haben. Das hilflose Entsetzen, das vor 16 Jahren in ganz Manhattan, den USA und dem Rest der Welt um sich griff.

Für den heutigen Tag reicht das auch. Diese Bilder müssen sacken und verarbeitet werden. Es ist ein Mahnmal, eine Gedenkstätte, die wirklich großartig gemacht und den Opfern würdig ist.

Verständlich daher auch die weitreichenden Sicherheitsvorkehrungen im gesamten Umfeld. Vor der Tür stehen schwer bewaffnete Polizisten, der Einlass erfolgt wie am Flughafen bei der Handgepäckkontrolle. Das ist für uns in Ordnung, gibt es doch einer traumatisierten Nation und letztlich auch uns ein Gefühl von Sicherheit.

Etwas angewidert sind wir von einigen Besuchern, die tatsächlich vor einigen Ausstellungsstücken und Bildern stolz ihre Selfies machen, wie am Eiffelturm. Wir stellen sogar das Fotografieren ein. Es macht nicht nur keinen Spaß, wir finden es irgendwie pietätlos.

Der Abend verläuft dann auch eher ruhig. Jeder geht seinen Gedanken nach, das Thema lässt nicht los. Morgen soll wieder die Sonne scheinen, die Erinnerung bleibt.

Long Island – Insel der Reichen

Wir sind in Port Washington in der Manhasset Bay auf Long Island gelandet. Hier beginnt der Reichtum.

Die Manhassat Bay ist riesengroß. Um bis ans Ende zu segeln, braucht man schon eine halbe Stunde. Am Rand fallen gleich die großen Anwesen auf, wie in Palm Beach haben alle einen eigenen Bootssteg. Um den inneren Teil der Bucht reihen sich die Yachtclubs nebeneinander. Hunderte von Moorings sind überall verteilt. Für Gastlieger stehen ca. 20 gelbe Moorings zur Verfügung. Die ersten zwei Tage sind frei, dann zahlt man 25€/Tag incl. Taxiservice. Das geht.

Als wir am Samstag hier ankommen, sind alle Moorings belegt. Aber auch für Ankerlieger ist fast unendlich viel freier Raum auf 3-4 m Wassertiefe vorhanden. Der Ankergrund ist sehr gut. Praktisch ist der kleine Dinghisteg an der Nordseite, denn gegenüber befindet sich der große Supermarkt „Stop and Shop“ mit umliegendem Einkaufszentrum, Laundry, Westmarine und allem, was der Segler so braucht.

Auch das kleine Städtchen ist niedlich. Sehr sauber und mit netten kleine Läden, lädt es zum Bummeln ein. Aber: Nur gucken, nicht anfassen. Die Preise sind gesalzen. Wer hier einen Stopp zum Biertrinken einlegen möchte, muss schon tiefer in die Tasche greifen. 5-7€ für ein Bier lassen den goldenen Saft nicht nur golden aussehen.

Auch der Weg nach Manhattan ist alles andere als günstig. Nach 20 Minuten erreicht man zu Fuß den Bahnhof, von wo ein Zug direkt zur PennStation durchfährt. Die Fahrt dauert ca. 45 Minuten. Das ist schnell und praktisch, man landet sozusagen mitten in der City. Aber Obacht, die Fahrkarte kostet für uns zwei 38$. Aber nur, wenn wir außerhalb der Rushhour fahren und am Abend nicht vor 20 Uhr wieder nach Hause wollen, sonst kostet der Spaß 58$. Anschließende eventuelle Fahrten mit der Metro innerhalb Manhattans kommen noch dazu.

Heute fahren wir wieder zurück nach Great Kills. Von dort ist es nur ein Katzensprung zum Flughafen Newark, auf dem die Crew morgen landet. Hier zahlen wir 125$ / Woche incl. Taxiservice für die Mooring. Die Wege sind etwas weiter. Nach 15 Minuten Fußweg kann man in einem italienischen Supermarkt die täglichen, leckeren Dinge für das leibliche Wohl kaufen, der nächste große Supermarkt, ist zwar zu Fuß zu erreichen, für den Rückweg mit vollen
Taschen ist aber ein fahrbares Transportmittel angesagt. Der Weg nach Manhattan ist auch etwas umständlicher, aber eben erheblich günstiger. Zumal wir dann zu viert sind…

Mit der Wochenkarte für 30$ / Person können wir soviel wir wollen kreuz und quer durch Staten Island und Manhattan fahren. Und das Bier im Yachtclub kostet zwischen 3-4$. Immer noch kein Schnäppchen, aber es nähert sich dem Bereich des Möglichen. Je länger man hier ist, desto aufgeweichter wird die Schmerzgrenze. ????

 

 

Reality

Nach den letzten Tagen, die voll von bunten Bildern waren, brauchen wir in eine kleine Pause, bevor die Crew anreist. Wir wollen rüber nach Long Island und mal einen Blick auf die andere Seite werfen. Allerdings müssen wir erst auf genügend Wasser in unserer Bucht warten. Zumal dort seit 24 Stunden jemand im Weg liegt, der das offensichtlich nicht bedacht hat.????

Als wir von unserem Nachttrip aus der Stadt kommen, sehen wir schon, dass ein Segler auf die Sandbank aufgelaufen ist. Das Schiff liegt schräg, der Mast ragt mit ca. 60% Schräglage zur Seite. Oh je……aber es ist niemand zu sehen, der sich um das Schiff kümmert. Wenige Stunden später liegt der Mast kurz über dem Wasser, dann verschwindet er ganz. Das Schiff liegt komplett auf der Seite und ist vollgelaufen. Niemand kümmert sich.

Es scheint vollständig. Die Segel sind vorhanden, am Heck ist ein Solarpaneel zu sehen. Dennoch räumt niemand das Schiff aus, geschweige denn holt eine Pumpe oder macht irgendwas. Die Coastgard kommt und fährt wieder, ebenso Polizei und Schleppunternehmen. Der Mast ragt bedrohlich weit ins Fahrwasser. Aber nichts passiert. Ein trauriger Anblick. Verstanden haben wir das nicht…..

Wir kommen trotzdem daran vorbei und fahren gen Eastriver. Es weht wie immer schwach, das Wasser ist platt, die Sonne scheint, alle Luken sind geöffnet. Kurz hinter der ersten Brücke gibt es plötzlich Wind, die Upperbay mutiert zum Regattagebiet. Leider sind da aber auch noch große Frachter unterwegs. Wir liegen etwas schräg und ich überlege gerade, ob ich dann doch mal die leeseitigen Ventile schließe. Da brüllt Reiner:“ Festhalten!!!“. Ich halte mich fest. Es fliegt auch unten nichts. Fast nichts. Bis auf ca. 100l salziges Flusswasser durch die geöffneten Luken. ????

Die Niagarafälle im Schiff. Es steht alles unter Wasser, das durch eine Riesenwelle, die ein Frachter verursacht hat, in definitiv jede Ritze geschossen ist. Nichts bleibt trocken. Das Schlafzimmer vorne ist nicht bewohnbar. Matratze mit allem, was darauf lag sind klitschnass. Alle Ablageflächen, in den Schuhen steht das Wasser. Im vorderen Bad ca. 10 cm hoch. Wenn ich jetzt aufzählen würde, was alles nass geworden ist, würde dies die Seitenzahlen sprengen. Nur soviel: Wir müssen die Bilge leerpumpen.

Die eigentlich schöne Fahrt auf dem Eastriver wird zur Nebensache. Reiner steuert oben, ich hole eimerweise salziges Wasser aus dem Schiff.

Nun liegen wir in Port Washington am Anker und der Wassermacher läuft. Denn wir brauchen Süßwasser. Viel Süßwasser. Und so werden wir den heutigen Tag mit Putzen, Spülen und Waschen verbringen. Der Sonntagsausflug fällt aus. Wir sind wieder geerdet und zurück im Seglerleben.

           

The City never sleeps

…..hat seit gestern eine neue Bedeutung.

Dass in NY viel los ist, ist kein Geheimnis. Dass dort auch bis in die Nacht Verkehr auf den Straßen herrscht ebenso nicht. Aber gegen diese Stadt ist Köln ein Kuhkaff.

Meine Familie hat mir zum Geburtstag Karten für mein Lieblingsmusical „Phantom der Oper“ auf dem Broadway geschenkt. Mein Mann hat für die Nacht ein Hotel gebucht, damit wir nicht mitten in der Nacht zum Schiff zurück fahren müssen und einmal in Ruhe NY bei Nacht erleben können. Was für ein Erlebnis……..

Hunderte von Musicals laufen auf dem Broadway, jedes hat sein eigenes Theater. Sie liegen dicht an dicht rund um den Times Square verstreut. Das Leben pulsiert.

Der Nachmittag beginnt schon mal mit dem ersten Highlight: Im Hotelzimmer befindet sich eine Badewanne. Wellness für den Segler, der die letzten Monate meist auf der Badeplattform geduscht hat, immer auf sparsamen Wasserverbrauch geeicht. Gegen Abend geht es dann um die Ecke zum Theater. Eine Menschenschlange, deren Ende mit dem Auge nicht gleich zu erkennen ist, wartet auf Einlass. Davor parkt eine Strechlimousine. ( Ich verzichte auf das X-Wort). Wider Erwarten sind wir trotzdem schnell im Inneren des Theaters.

Das Stück läuft hier seit 25 Jahren. Immer in diesen Räumen. Trotz einer Kapazität von 1000 Besuchern macht es einen liebevoll kuscheligen Eindruck. Goldverzierungen bis zur Decke, roter Samtvorhang. Etwas benutzt, aber mit viel Charme. Die Inszenierung trifft alle Erwartungen. Tolle Stimmen, besonders das Phantom punktet und auch der Kronleuchter rauscht im richtigen Moment von der Decke. Zwischendurch haben wir Gänsehaut. Wunderschön.

Nach Ende der Vorstellung bleiben wir mit aufgerissenen Augen an der Straße stehen. Dachten wir vorher es sei voll, haben wir uns getäuscht. Jetzt ist es voll. Vor den Theatern warten immer noch hunderte Theatergäste, um auf die Stars zu warten. Diese tauchen dann auch artig auf. Vor dem Schauspielhaus, in dem „Hello Dolly“ läuft, ist es besonders voll. Bette Midler spielt zur Zeit die Hauptrolle.

Wir verzichten dann doch auf eine solche Begegnung und wandern in Richtung Times Square. Es ist Donnerstag, 23.30 Uhr und dunkel. Auf dem Times Square ist es taghell. Die Leuchttafel halten die Dunkelheit fern, alles ist bunt. Es könnte auch am Nachmittag sein, man würde den Unterschied nicht merken, die Dunkelheit dringt nicht nach unten. Alle Geschäfte haben geöffnet. Auf der Straße staut sich der Verkehr, der hauptsächlich aus den gelben Taxen besteht. Gehen die niemals ins Bett? Geht niemals das Licht aus? Offensichtlich nicht.

New York, the City never sleeps. Und das blaue Auto ist echt. 

 

Independence Day

Am 04.07. feiern die USA Geburtstag (eher ihre Unabhängigkeit). Freundlicherweise zusammen mit mir.

Schon seit Monaten freue ich mich darauf, es soll eine Riesenparty in NY sein, die in einem der größten Feuerwerke weltweit gipfelt. (XXXXL!) Ca. 40 000 Raketen sollen in 25 Minuten über dem Eastriver in die Luft gehen und ungefähr 3 Mio Menschen sehen sich das Spektakel an. Wir wollen da auch hin.

Schon Tage vorher recherchiert Reiner, wo der beste Platz zu Gucken sein könnte. Unsere erste Idee, einfach mit dem Schiff in die Nähe zu fahren, verwerfen wir schnell. Auf dem Wasser soll das reine Chaos herrschen, berichten die Mitglieder unseres Yachtclubs.

Bereits am frühen Nachmittag machen wir uns auf den Weg in die Stadt. 3 Mio weitere Menschen wollen ja auch dorthin, also erwarten wir einen langen mühseligen und sehr vollen Weg. Überraschenderweise sind Zug und Fähre nicht besonders voll. Das läuft gut. Wir treffen uns mit den inzwischen 3-köpfigen Worlddancern mitten in der Stadt und wandern los. Die Straßen sind bei weitem nicht überfüllt. Es gibt sogar noch Zeit, durch nette Geschäfte zu schlendern, die wir auf unserem Weg über den südlichen Broadway finden.

Und weil es so entspannt ist, gehen wir noch schön essen. Ein bißchen so wie früher. Ein Tipp von Herwigs und Heikes Freundin, die in NY gelebt hat, führt uns zu einem zauberhaften Italiener (keine Pizzabude) in einer ruhigen Seitenstraße. Ich bekomme ein grandioses Geburtstagsessen mit erstklassigem Wein. Toller Tag.

Dann wird es Zeit, den Weg zum Feuerwerk einzuschlagen. Keine dramatischen Menschenmengen. Falsches Datum? Am Eastriver wird es dann voller. Großes Polizeiaufgebot, aber gute, ruhige Stimmung. Alkohol ist komplett verboten, das macht sich bemerkbar. Niemand grölt, alle sind freundlich. (Unser auf dem Weg gekauftes Bier trinken wir versteckt auf einer Wiese zwischen Hochhäusern????)

Am Ufer des Flusses stoßen wir auf ein weitläufiges Areal mit Sportplatz und Kunstrasen. Es ist 21.00Uhr, in einer halben Stunde soll es losgehen. Es ist so viel Platz, dass wir gemütlich auf unseren Jacken sitzen können. Was für ein perfekter Platz….. Auf dem Wasser ist die Hölle los. Die Schiffe liegen dicht an dicht und bewegen sich jeweils 3m vor und wieder zurück. Viel freie Wasserfläche gibt es nicht mehr. Stress pur.

Pünktlich um 21.30 Uhr geht es los. Ein freudiges Raunen zieht durch die Menschenmenge. Es wird eines der schönsten Feuerwerke, die wir bisher gesehen haben. Einzelne Raketen haben einen unfassbaren Durchmesser. (XXL). Ob das auf dem Film so rüberkommt, weiß ich nicht. Aber in live ist es wohl das Beste, was einem an seinem Geburtstag passieren kann.

XXL

Nachdem wir uns Manhattan von außen angeguckt haben, kommt der Tag, an dem wir uns hineinstürzen.

So richtig kann man das in Worten kaum wiedergeben. Irgendwie ist alles XXL. Vielleicht auch XXXXL. Es beginnt mit der (kostenlosen) Fähre, die alle 30 Minuten von Staten Island nach Manhattan pendelt. Rund um die Uhr, auch am Wochenende und an Feiertagen. Wir betreten das Fährterminal und die riesige Halle ist voller Menschen. „Na Bravo“, denken wir und machen uns auf eine lange Wartezeit gefasst. Weit gefehlt.

Die Fähre kommt pünktlich und die gesamte Menschentraube strömt ins Schiff. Es müssen Hunderte sein. Oder Tausend? Wir strömen mit und – auf dem Schiff ist es leer. ???? Wo sind die alle hin? Die Fähre schlucken ungeheure Massen, am Ende sind noch jede Menge Sitzplätze frei, die Gänge sind leer.

In Manhattan wird man im Finanzdistrict ausgespuckt. “ Nicht lang schnacken, Kopp in Nacken“, trifft es wohl noch am ehesten. Der Blick geht ungesteuert nach oben. Nun hat man diese Skyline ja schon von außen gesehen und hatte eine Vorstellung von der Höhe. Glaubt man. Wenn man da steht, macht sich trotzdem noch Sprachlosigkeit breit. Die in zweiter Instanz zur Folge hat, dass man irgendwo gegen läuft. Ich laufe wenigstens nur gegen eigenen Mann.

Wir geben uns als erstes Ziel den Times Square. Mitten ins Getümmel, das aber nicht so schlimm, wie befürchtet ist. Man kann normal laufen, auf den Straßen rollt der Verkehr, der dominiert wird von den allseits bekannten gelben Taxis. Ich hatte es mir enger vorgestellt. Sogar die Luft ist erträglich. Eine Straßenseite liegt immer im Schatten und durch die Häuserschluchten zieht der Wind.

Wir wandern den Broadway mit seinen vielen Theatern entlang. Leuchtreklamen riesigen Ausmaßes flimmern an den Fassaden, ich möchte nicht wissen, wieviel Strom (der ja für uns als Segler nach dem Wetter zum wichtigsten Thema gehört), da so am Tag durchfließt. Es ist alles XXL hier.

Einige Querstraßen weiter finden wir das Rockefellercenter. Sofort tauchen vor dem inneren Auge diverse Spielfilmszenen auf. Vorrangig natürlich aus dem Winter mit Riesenweihnachtsbaum und Eislauffläche. Zur Zeit befindet sich ein Café auf der Eislaufbahn, umringt ist der Platz von unzähligen US-Flaggen. Auch hier wendet sich der Blick unabdingbar nach oben, von dort soll man den besten Blick auf New York haben. Das heben wir uns allerdings auf, bis meine Kinder kommen.

Nicht weit entfernt, landet man in der grünen Lunge von Manhattan, dem Central Park. Auch den hatte ich mir anders vorgestellt. Direkt etwas hügelig ist er und lässt ahnen, worauf Manhattan gebaut worden ist. Der Unterbau besteht aus einem riesigen Steinsockel, alles andere würde wohl auch diese Monsterbauten nicht tragen können. Einige dieser Felsen gucken aus dem Grün. Hier und da begegnen einem sogar Enten oder Eichhörnchen. Die sind auch XL.

Voll gepackt mit Eindrücken machen wir uns auf den Heimweg. Die Füße schmerzen, im Kopf schwirren tausend Bilder, die Festplatte ist voll.

Es gibt ja Menschen, die dort leben. Im Moment habe ich noch keine Vorstellung davon, wie man das aushalten soll/kann. Wir haben noch viel Zeit. Ich werde es rausfinden……..

 

Miss Liberty

Schritt Nr. 2 der Annäherung an Manhattan erfolgt in Form des Ankerplatzes an der Freiheitsstatue.

Nachdem der angesagte Wind durch ist, begeben wir uns aus der geschützen Bucht und dümpeln – es ist wieder Flaute – in Richtung der berühmten Dame. Als wir unter der Verranzano Narrows Bridge, eine der ersten, wenn man zum Hudson River will, kommt die Coastguard auf uns zu.
Zum ersten Mal werden wir kontrolliert.

Sie gehen längsseits und fragen uns sehr freundlich, ob bei uns alles in Ordnung ist. Ob die Rettungswesten bereit liegen und ob die Bilgenpumpe funktioniert. ( Haben wir Schlagseite? ????). Dann würden sie gerne unsere Papiere haben. Kein Problem, wir reichen das Päckchen über die Reling. Zwei Mann achten darauf, dass wir nicht angerempelt werden, einer hält einen dicken Fender dazwischen. Ein Foto darf ich auch machen.

Es ist alles in Ordnung. Mit einer Fastentschuldigung bekommen wir unsere Papiere zurück und dürfen weiterfahren. Wir fanden das nicht unangenehm. Da NY nun mal für einige das Objekt der Begierde ist, ist es eher beruhigend, wenn aufgepasst wird, wer hier rein und rausfährt.

Kurz danach fällt der Anker an der Freiheitsstatue. Wie wir finden, ein super Ankerplatz mit einmaligem Blick auf Manhattan. Tagsüber wackelt es ein bißchen, gegen Abend liegen wir sehr ruhig. Wir können den Blick nicht abwenden und staunen stundenlang. Mit zunehmender Dunkelheit entsteht ein unfassbares Lichtermeer. „356 Tage Weihnachten“, schießt es durch meinen Kopf. Das Finanzviertel bleibt klassisch beleuchtet, weiter links wird es bunt.

In der Morgendämmerung wird es unruhig. Wir hören zunächst jede Menge Hubschrauber, Reiner steht auf, um zu gucken. Der Held. Wieder entstehen einmalige Bilder. Die Queen Mary 2 läuft mit einem Riesenspektakel ein. Wasserwerfer kommen zum Einsatz, es wird getutet. Es ist 5.30 Uhr. 2-3 Stunden später hätte auch mich das Szenario begeistert………????

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