Monat: Oktober 2017

Have a break, have a drug

Vorgestern plaudere ich über What’s App mit meiner Freundin Sabine von der Atanga. Sie fragt nach, ob alles in Ordnung ist. Es sei so still.

Da hat sie Recht. Wir sind nach wie vor am schuften. Von morgens bis abends. Während sich Reiner fleißig um seine Fugen kümmert, kümmere ich mich um die alten Teakstopfen, die ersetzt werden müssen. Durch das abgetretene Holz gucken die Schrauben raus. Das bedeutet, dass ich ca. 300 Schrauben aus dem Deck drehe, die Löcher nachbohre, mit Epoxy auffülle und einen neuen Teakpröppel einsetze. Das bedeutet wiederum, dass ich in gebückter Haltung über das Deck krieche und insgesamt ca. 900 x die gleiche Bewegung mache.

Das geht aufs Kreuz. Erst nur ein bißchen – mit dem guten alten Voltaren beherrschbar – gestern dann richtig. Ich liege auf dem Sofa und es ist Feierabend. Was folgt, ist eine Nacht, die ich niemandem wünsche. Ich bin eigentlich kein Lappen, was Schmerzen angeht. In dieser Nacht werfe ich alles, was gegen Schmerzen auf dem Schiff verfügbar ist, ein. Mit null Erfolg. Bevor man mich zum Arzt bekommt, dauert es eine Weile. Am Morgen ist auch mir klar, dass ich nicht weiterkomme. Wir fahren mit dem Taxi nach Gloucester in eine Notfallambulanz.

Mein Retter heißt Shawn und ist der diensthabende Arzt. Der fackelt nicht lange rum und zack zack, habe ich 2 Spritzen im Hintern. 5 Minuten später bin ich auf Wolke 7 und lebe wieder. Ich hätte ihm die Füße küssen können. Ausgestattet mit Rezept für weitere Blümchenpillen machen wir uns auf den Heimweg. Ich falle ins Bett und schlafe den Schlaf der Gerechten. Mit einer Pause zum Essen, durch bis heute früh.

Nun habe ich Arbeitsverbot. Und ich stelle fest, dass es mich alles nicht mehr so aufregt. ( Was wahrscheinlich an den bunten Pillen liegt, die orangen finde ich besonders klasse…????) Der Dreck, den ich nun nicht mal eben beseitigen kann, die noch nicht lackierten Teile im Schiff usw. Es ist, wie es ist. Ich habe sozusagen eine schriftliche Entschuldigung. Blöd, aber eben nicht zu ändern.

Nun habe ich auch wieder Zeit zum Schreiben. Ist ja auch was……..

Reiner schleift mittlerweile final das Deck. Spätestens morgen wird die Aktion beendet sein. Dann kehren wir zurück zum „normalen“ Arbeitsleben. Also er. Ich darf ja nicht.????

PS: Sorry für die verspäteten Antworten. Kam was dazwischen…..????

 

 

(K)ein Ende in Sicht

Es gibt Tage, an denen ich mir Langfahrtsegeln anders vorgestellt habe. Ich könnte eine weitere Geschichte über Staub und Chaos schreiben, davon wird es aber auch nicht besser. Es zermürbt. Tatsache ist auch, dass wir auf keinen gemeinsamen Nenner kommen, was die Toleranzgrenzen in Bezug auf das Leben in einer Baustelle angeht. Reiners Schmerzgrenze liegt eindeutig höher.

Spannend wird es noch mit unserem Tischler werden. Der hat nun immerhin vor einer Woche den zweiten Riss im Türrahmen geklebt. Mit den Worten,“ …nach 24 Std. könnt ihr die Schraubzwingen abnehmen…“, verschwand er und ward nicht mehr gesehen. Ich betrachte ihn als gefeuert.

Gestern erhalten wir eine Rechnung. Für die Fußbodenbretter will er nun statt weniger – weil schlecht und mit Muster lackiert – mehr haben ????, für die Türrahmen berechnet er zusätzlich das Lackieren. Dies hat er nie getan. Er hat die Stellen grob angeschliffen, geklebt und so hinterlassen. Mittlerweile habe ich den gesamten Rahmen abgeschliffen und begonnen neu zu lackieren. Das war vielleicht ein Fehler……

In Deutschland wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, die Sache an den Rechtsschutz zu übergeben. Hier wird sowas wohl schwierig. Zumal sie einen nicht wieder ins Wasser kranen, sofern nicht alle Rechnungen bezahlt sind.

Wir stehen nicht alleine mit einem solchen Problem da. Mehrere andere erhalten Rechnungen über Arbeitsleistungen, die mangelhaft oder gar nicht erbracht worden sind. Bisher hat niemanden die Diskussion weitergebracht. Mafia. Und die erste wirklich schlechte Erfahrung in den USA.

Auf Land liegen, kann man hier gut und sehr günstig. Aber bloß niemals einen Auftrag vergeben, dagegen war Trinidad das Paradies.

Reiner gibt sich derweil große Mühe mit dem Teakdeck. Wir sind kurz davor, neu zu verfugen. Noch ein, zwei Stellen nacharbeiten und fertig. Einige Fugen sehen super gerade aus, bei anderen ist der Rand unwiederbringlich weggesplittert. Da muss ich dann wohl hinterher einen Blumentopf draufstellen….. Dem Himmel sei Dank, dass wir hier nicht unseren „Holzfachmann“ dran gelassen haben. Der hätte das Deck wahrscheinlich komplett hingerichtet.


 

 

 

Sauerei ohne Gleichen

Wer bitte ist denn bloß auf die Idee gekommen, wir müssten das Teakdeck renovieren? ????
Was ist schon ein bißchen rausgefallene Fugenmasse……?

Zu spät. Die Hälfte der Fugen sind entfernt, jetzt sitzen wir drin. Der Anfang mit der Fein und dem Fugenmesser geht soweit ganz gut. Na ja, bis auf die Tatsache, dass die Ränder krumm und schief sind und auch gerne mal ein Stück Holz ausreißt. Fachkundige Menschen, die das Drama hinter sich haben, sagen, wir sollen die Flex nehmen.

Gesagt, getan. Es geht deutlich besser und auch schneller. Die Fugenränder werden gerader und glatter, das Holz neigt nicht so sehr zum wegreißen. Aber die Schweinerei ist unbeschreiblich. Der Staub vom Flexen ist nach wenigen Minuten ü-ber-all, Reiner arbeitet mit Maske. Da ich da oben im Moment sowieso nichts machen kann, riegele ich mich hermetisch innen ab und widme mich meinen Lackierarbeiten. Nun jedoch im Dunkeln.

Über das Schiff ist noch die große Abdeckplane gespannt. Mit geschlossenen Luken sitze ich in der Höhle. Mit der Deppenlampe (Stirnlampe) auf dem Kopf und allem was sonst noch so leuchten kann, versuche ich den Lack gleichmäßig zu verteilen, optimalerweise dort, wo er hingehört. Nach 30 min. wird mir kotzübel. Ach ja, da war was. Man soll nur in gut belüfteten Räumen streichen…….(Bunte Farben und Blümchen sehe ich nicht!) Das geht aber nicht. Sägemehlschwaden ziehen trotz passender Windrichtung über das komplette Schiff, im Cockpit ist alles überpudert. Vielleicht stelle ich mich an, aber ich will den Dreck weder auf dem frischen Lack, noch in meinem Bett haben.

Fazit des Tages:

1. Oben flexen und unten lackieren geht nicht

2. Das Teakdeck restaurieren und gleichzeitig auf dem Schiff wohnen, ist eine Scheißidee

(Vielleicht könnte ich mir ja wieder irgendwas brechen wie im letzten Jahr, dann müssten wir leider im Hotel wohnen, die Krücken liegen hier noch.????)

Gerade als ich damit fertig bin, diesen Text zu schreiben, produziert Reiner einen Lichtbogen. Für mich klingt das nach Weihnachten oder Sylvester. Für den Elektroingenieur bedeutet das Feuer aus der Steckdose. ????

Er steckt den Stecker für den Heizlüfter ein und es kommt eine lichterlohe Flamme aus der Wand geschossen. Ich hechte schon zum Feuerlöscher, Reiner pustet und die Flamme geht aus. Der Feuerlöscher bringt nicht viel, lerne ich im Anschluss. Bei einem Lichtbogen entstehen Temperaturen, wie beim Schweißgerät. Aha. Also hätte ich da gesessen, hätte ich ein Kissen oder so drauf gehalten. „Auch nicht“, sagt er, „das wäre sofort geschmolzen.“ Aber wieso geht dann auspusten? Weil man das Magnetfeld unterbrechen muss! Und das geht durch Pusten. Sachen gibt’s…….

Also ich hätte danach wahrscheinlich das Osterfeuer vorzeitig entfacht. Darauf ein Bier.

Punkt 1-3

Es läuft langsam. Die Punkte 1-3 sind in Angriff genommen.

Nach der Erstellung des Masterplans sind alle Ausreden aufgebraucht, die den Arbeitsbeginn noch weiter rausschieben könnten. Die Hitze hat sich verzogen ( dafür regnet es jetzt den ganzen Tag lang mit kleinen Unterbrechungen…), das Arbeitsmaterial ist da. Auf der Liste stehen 20 Aufgaben, die warten. Nur an das große Projekt “ Teakdeck“ ist bei der Nässe nicht zu denken.

Also schwinge ich den Schleifer innen. Und ich hatte vergessen, wie mühselig das ist, obwohl so ein „Feinscheifer“ eine wirklich gute Erfindung ist. An Tag 2 habe ich das Gefühl, dass mein Arm gleich abfällt. Das Ding wird mit jeder Stunde schwerer. Im Geiste verleihe ich schon einigen Stellen das Prädikat “ nicht so wichtig, kann man auch noch nächstes Jahr machen. Oder übernächstes oder……..“

Die Küchenleisten sind zuerst dran, damit man die Küche möglichst schnell wieder benutzen kann. Anstrich 1+2 sind noch unkompliziert, da sie stark verdünnt sind und noch nicht so sehr kleben im feuchten Zustand. Ab Anstrich 3 ( unverdünnt) wird es problematisch. Die Mücken haben sich verzogen und ihre kleinen Freunde, die Fruchtfliegen als Ersatz geschickt. Nun stört die Fruchtfliege per se nicht besonders. Sie summt nicht und sie sticht nicht. Als Deko an frischem Lack stört sie mich allerdings sehr. ???? Ich stelle eine Falle auf, Apfelessig mit vergammelter Banane. Klappt prima. Der Rest des Obstes ist im Kühlschrank. Nichtsdestotrotz fliegen tausende draußen in der Luft rum und wollen rein. Ende vom Lied: ich stehe wie ein Soldat mit meiner Staubsaugerwaffe in der Hand in der Küche und sauge alle 30 min. die nächste Armee weg. ????????

Reiner kommt irgendwie besser voran. Der hat schon mal den Mast wieder repariert, neue Nieten gesetzt und eine Stahlplatte unter die Ankerwinsch vorne gebaut, damit wir nicht irgendwann, wenn wir mal richtig an der Kette ziehen, ein Loch im Deck haben.

Ach ja. Und heute haben wir ein erstes Probestück von alten Teakfugen befreit. Der Deckel der hinteren Sitzbank musste dran glauben. (Wenn das Murks gibt, legen wir das Polster drauf.) Das ging schon mal flott mit dem Fugenmesser des „Fein“- Gerätes. Aber das soll wohl auch noch der leichteste Teil der Übung sein……????

Der Tischler? Noch nicht wieder gesehen……….

Chaosbeseitigung

Nachdem der erste Frust verdaut ist, muss ein Plan erstellt werden. Das Chaos braucht Struktur. Punkt 1 des Masterplans: Der Tischler muss her für ein klärendes Gespräch.

Er kommt auch. Erst loben wir ihn für die Dinge, die er gut gemacht. Er hat die Kanten der Bodenplatten schön gerade angeschnitten, die, weil auf .Knatsch verlegt, bei kräftigerem Seegang ordentlich aneinander knarren. (Nervt mich schon lange……)

Dann zeigen wir ihm das neue Muster auf dem Boden.

„Oh! Nanu! Woher kommt das denn? Huch…….“ und kratzt sich am Kopf. Immerhin sieht er ein, dass das so nicht bleiben kann. Muss er wohl noch mal machen. Baustelle Nr. 2, ein gerissener Türrahmen. Oben geklebt statt neues Holz eingesetzt, unten aus Versehen übersehen. Muss er wohl noch mal machen…….???? Wir sind gespannt, aber nun sind wir ja hier und gucken ihm auf die Finger.

Dann wird die Arbeit aufgeteilt. Meine Jobs werden mit einem B gekennzeichnet, Reiners folgerichtig mit einem R. Daneben die ungefähre zu erwartende Zeit, die wir brauchen. Dabei komme ich auf 24 Tage, Reiner auf 30. Huch! Nanu?! ????
Na ja, einige Dinge, wie das Teakdeck neu verfugen, werden wir zusammen erledigen. Ansonsten habe ich die Holz- und Entrostungsarbeiten, Reiner die Technik.

Ausgebremst werden wir zunächst von den Temperaturen, die uns wahrscheinlich keiner glaubt. Bei gefühlten 37 Grad heute Vormittag bohre ich die ersten Teakpropfen aus dem Fensterrahmen der großen Mittelluke. Der sieht übel aus und braucht dringend etwas Liebe, Sonne und Feuchtigkeit haben ganze Arbeit geleistet. Leider ist der Rahmen mit 3 Schrauben pro Seite, die jeweils mit einem Teakpropfen verdeckt sind, an der Decke befestigt. ( An jeder Seite einer hätte auch gereicht..????) Also muss bei der Hitze über Kopf gearbeitet werden. Kein Spaß……..

Zwischendurch regnet es und ab Nachmittag werden die Mücken munter. Soviel, wie wir sie in den letzten zwei Jahren nirgendwo gehabt haben. Gegen Abend zirpen die Grillen, es ist wie in den Tropen. Hätte man mir das vor zwei Wochen erzählt, hätte ich mich kaputt gelacht. Die Anwohner hier sagen, das sei nicht normal und stöhnen auch. Nächste Woche soll es kühler werden. Hoffentlich wissen die Mücken das auch. ????

Zurück im Alltag

Wir sind seit gestern Nacht zurück in Deltaville. Aber bevor ich von den ersten frustrierenden Erlebnissen berichte, nochmal ein paar abschließende Worte über Island.

Man hat es wahrscheinlich schön gehört, wir waren begeistert. Island ist wunderschön. Ganz sicher nicht im klassischen Sinne mit blühenden Blumen und allem Schnickschnack. Island ist wunderschön wild, wunderschön rau und irgendwie wunderschön anders. Nichts Vergleichbares haben wir bisher gesehen. Mein kleines Farmerherz schlägt höher beim Anblick der fast unendlich großen Weideflächen mit ihren verstreuten Höfen. Auf jeder zweiten stehen Islandpferde. Und das sind nicht nur dicke mit langen Haaren. Einige sehen richtig schick aus und es reizt mich fürchterlich, einen richtigen langen Track per Pferd zu erleben. Beim nächsten Mal. Wenn ich dann meine Reithose nicht wieder vorher auspacke……..???? und mehr Zeit habe.

Einen Irrglauben möchte ich noch ausräumen. Auf Island friert man immer, ist Blödsinn. Auf Island schwitzt man. Mit der Heizung wird nicht gespart. Als wir in unser Ferienhaus kommen, ist die Bude total überheizt. Die Heizungen laufen durch, kostet ja nichts. Es kommt aus der Erde. Selbst im Supermarkt ist es deutlich wärmer, als in den klimatisierten Eismärkten in den USA. Auch im Handbuch für das Ferienhaus steht geschrieben, dass bei Verlassen des Hauses alle Heizungen auf 2,5 gedreht sein sollen. Als Deutscher, der mit Grauen auf die kommende Nebenkostenabrechnung wartet, zuckt man zusammen. Wir konnten noch nicht mal unseren Kamin anzünden, wir wären erstickt. Überall wo man reinkommt ist es warm. Sehr warm. Der Außenpool läuft mollig warm mit 32 Grad rund ums Jahr. Stellt man die Heizung an, hat man das Gefühl gekocht zu werden.

Draußen war es jetzt im Oktober moderat kalt mit ca. 8 Grad. Bei Wind braucht man die Mütze, ansonsten waren wir eher zu dick angezogen. Also alles halb so wild. 

Dafür trifft uns der Schlag, als gestern aus dem Flieger in Washington steigen. Es ist 20.00 Uhr Ortszeit und wir haben 30 Grad. Die Luft ist dick und schwül. Ich möchte gleich wieder umdrehen…..Angekommen auf dem Schiff wird es nicht besser. Es ist total stickig und heiß innen, die Luft steht. Wer hat denn bitte behauptet, dass es hier oben im Herbst kalt ist? (Und wir haben uns Gedanken gemacht, ob unsere Heizung wohl noch noch funktioniert. ????) Hunderte von Mücken fallen über mich her. Nach 5 Minuten bin ich zerstochen, die Mistviecher steuern sogar das Innenohr an. Es herrscht Chaos und der Tischler hat schon auf den ersten Blick schlampig gearbeitet. Man soll auch niemals Handwerker alleine lassen, eigentlich nichts Neues. Und irgendwie selber Schuld.

Unseren gebrochenen Türrahmen hat er geklebt, statt neues Holz einzusetzen, die Bodenplatten, die abgeschliffen und neu lackiert werden sollten, haben jetzt ein Muster im Lack.

Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt. Ich verziehe mich zum Schlafen in die einzige mückenfreie Zone: Das Auto. Stickiger kann es nicht werden und die Viecher bleiben draußen. Reiner stört das alles nicht, aber den stechen sie auch nicht.

Island Tag 3

Wir sind angekommen im Land der Elfen und Trolle. Der Isländer glaubt an die Fabelwesen. Er geht sogar soweit, dass in einigen Straßen zwischen Häuserlücken Steine mit Hausnummern sein sollen. Dort wohnt dann ein Elf.

Die heutige Tour führt durch einen Nationalpark, der schöner kaum sein kann. Endlose Weiten wechseln sich ab mit moosbewachsenen Geröllfeldern und Hängen, wild zerklüftete Vulkankegel bergen zahlreiche Höhlen. Hier haben die ersten Einwohner geschützt gelebt. Tiefe Risse in den Vulkankegeln und Erdspalten zeugen von der hohen Aktivität unterhalb der Oberfläche. Trotz der mageren Vegetation der Insel bestechen auch hier die Farben, die sich über das Gebiet ziehen. Bunte Moose und kleine Kräuterpflanzen wechseln sich ab mit dem goldgelben Herbstlaub der Dornbüsche, wobei auch hier das helle Grün überwiegt. Das Moos ist so dick und weich, dass man wie auf Wolken geht.

Hier wohnen die Elfen, da bin ich mir sicher. Und ich könnte stundenlang im weichen Moos sitzen und in die Ferne gucken.

Ziel des heutigen Tages ist Reykjavik. Tja, was soll man sagen…….also den Schöner-Wohnen-Preis bekommen sie nicht. Vorsichtig ausgedrückt würde ich sagen, dass die Hauptstadt ein zweckmäßiges Durcheinander mit vielen Mietshausblöcken und abgewohnten Reihenhäusern ist. Die Architektur würde ich als Sozialpädagogin auch noch hinkriegen. Mittendrin stehen zwei supermoderne große Gebäude mit viel Glas. Es scheint wie ein etwas hilfloser Versuch, der ganzen Angelegenheit den Schliff zu verpassen. Auch die überdimensionale Kirche will nicht so richtig in das Bild einer Insel mit beeindruckender Natur, Wikingern, Trollen und Elfen passen. Sie ist so schlicht und nüchtern, wie ich noch keine Kirche gesehen habe. Lediglich die
Orgel, die ebenso wie das Gebäude selbst Übergröße hat, lässt einen einen Moment verweilen. Über 5000 Orgelpfeifen sollen für gewaltigen Klang sorgen. Vielleicht liegt hier der Schlüssel, gewaltig ist Island allemal.

 

 

Island Tag 2

Es ist nicht einfach Island zu beschreiben. So viele Adjektive fallen mir ein und doch treffen sie nicht genau den Punkt.

Wir fahren in 3 Tagen ca. 640 km mit dem Auto und haben nur einen Bruchteil der Insel gesehen. Einen ersten Eindruck sozusagen.

Nach unserer Geysirtour nehmen wir an Tag 2 den Eyafjallajökull in Angriff. Der Vulkan, der bei seinem Ausbruch vor einigen Jahren den Flugverkehr wegen seiner riesigen Aschewolken über der Nordhalbkugel beeinträchtigt hat.

Heute ruht er friedlich, auf seinem Krater befindet sich Eis. Die Hänge fallen geradezu sanft ab und leuchten in hellem Grün. Kurz vor dem Tal stürzen große Wasserfälle in die Tiefe. Wir wollen hoch mit unserem Offroader und finden eine Piste, die sich den Berg nach oben schlängelt. Es wird rauher, wir fahren über Geröll und umfahren Lavabrocken. Hier oben pfeift der Wind. Die Schneegrenze ist unser Ziel. „Nur noch eine Kurve“, tönt es von der Rückbank,“ dann haben wir’s geschafft.“ Leider nein. Irgendwann ist Schluss. Im Weg liegen große Felsbrocken, wohl um die Übermütigen zu stoppen. Schade. Beeidruckend ist es dennoch da oben. Hier herrschen die Adjektive grau und rauh vor. Die Weite scheint von oben unendlich.

 

Nächster Tagesordnungspunkt ist die Insel Heimaey. Hier soll die weltweit größte Ansammlung von Papageitauchern zu finden sein. Die Fähre benötigt eine halbe Stunde für die Überfahrt, die schon alleine den Ausflug wert ist. Die Insel wurde 1973 bei einem Vulkanausbruch fast vollständig zerstört, große Lavamassen flossen in Richtung Hafen, so dass trotz Abwehrmaßnahmen durch die Abkühlung von Unmengen an kaltem Wasser nur eine schmale Einfahrt übrig blieb. Dicht vorbei an senkrechten Felswänden gelangt die Fähre in den Hafen.

Auf der anderen Seite der Insel sollen die hübschen Vögel hausen. Als wir dort ankommen ist nicht mal eine lausige Möve zu sehen. Nichts. Auch der Lockvogel versagt. Nach genauerer Betrachtung des Reiseführers, müssen wir feststellen, dass die Vögel nur im Sommer dort hausen.???? Schlechte Reiseleitung…..(ich). Lediglich ein paar lebensmüde Schafe grasen am Steilhang.

Schwefel

Es riecht nach Schwefel. Überall.

Nachdem wir unseren Mietwagen, einen geländegängigen Toyota, in Besitz genommen haben, geht die Fahrt in Richtung Selfoss los. Dort soll sich unser Ferienhaus befinden, eine Wegbeschreibung haben wir im Vorfeld bekommen.

Bereits die ersten Kilometer sind beeindruckend. Es ist karg. Riesige mit Moos bewachsene Lavafelder überziehen die Landschaft. Zwischendurch steigen Rauchsäulen aus der Erde. Über allem liegt ein Hauch von Schwefel.

Wir fahren und fahren. Eine Stunde soll die Fahrt dauern. Nach 1,5 Std. beginnen wir misstrauisch zu werden. Kilometerangaben scheinen nicht zu stimmen und unser Selfoss liegt mittlerweile weit hinter uns. Aber ein Telefonanruf beim Vermieter bestätigt, dass wir richtig sind. Wir sollen immer weiter fahren. Irgendwann biegen wir von der Hauptstraße ab. Und sind froh, dass wir einen Geländewagen haben. Gefühlt landen wir im Nichts. Schotterwege mit Schlaglöchern schlängeln sich durch die Wildnis. Mit dem wirklich allerletzten Licht finden wir unser Haus. Es liegt zauberhaft in einer sehr weitläufigen Ferienhaussiedlung und ist riesengroß. Mit Kamin und Whirlpool ausgestattet, können wir von der Terrasse aus bis zum Eyafjallajökull sehen, der mit seinem schneebedeckten Gipfel morgens von der Sonne angestrahlt wird.

Am Morgen entdecken wir, dass wir ganz in der Nähe des größten Geysires der Insel wohnen. Nichts wie hin. Das Land wird bergig und scheint nur noch aus Vulkanen zu bestehen. Dazwischen grasen Schafe, die vor lauter Wolle kaum noch laufen können und ganze Herden von Islandpferden.

Im Gebiet der Geysire qualmt es endgültig alle paar Meter aus dem Boden. Überall stehen Hinweisschilder, auf denen vor dem Berühren des heißen Wasser aus den Quellen gewarnt wird. Die Temperatur liegt zwischen 80-100 Grad. Es riecht nach Schwefel. Der lebhafte Strokkur schießt alle 8-10 Minuten eine Fontäne in die Luft, in anderen Hotspots kocht das Wasser vor sich hin. In der Mitte der Krater sieht man im glasklaren Wasser den Boden abfallen. Irgendwie unheimlich, wenn man darüber nachdenkt, dass es unter einem kocht.

An den Schwefelgeruch gewöhnt man sich. Auch das Wasser aus der Leitung riecht nach Schwefel, schmeckt aber gut. Öffnet man den Deckel des Whirlpools, kommt einem eine Schwefelwolke entgegen. Unter der Dusche riecht es nach Schwefel. Wird schon gesund sein, schließlich leben ca. 340 000 Isländer mit einer Lebenserwartung von 82 Jahren hier.

(Anklicken zum Vergrößern)

 

 

 

Es geht um die Wurst

Einen Tag vor unserem Abflug nach Island besorgen wir uns noch schnell Wurst und Käse. Lebensmittel sollen teuer sein in Island und wir wohnen im Ferienhaus. Also kann man sich ja vorher eindecken. Ein leckerer Schinken und Salami wandern nebst einem Kilo Käse in die Reisetasche.

Wir gehen davon aus, dass Island zur EU gehört. Vodafone sagt, dass wir normal telefonieren können, man kann mit einfachem Personalausweis einreisen, also kann man auch Lebensmittel mitnehmen.

Am Abend lege ich mich noch einmal in die gemütliche Badewanne und lese in meinem Reiseführer. Und muss erfahren, dass Island nicht zur EU gehört. Und blättere zu den Einfuhrbestimmungen. ????

Nicht eingeführt werden dürfen: Frische Molkereiprodukte, rohes Fleisch ( hier wird ausdrücklich Schinken und Salami erwähnt) und Reitsachen. ????Quasi exakt die Dinge, die sich meiner Reisetasche befinden.

Mein Sohn winkt gleich ab, als ich ihm das Wurst-Käse-Paket unter die Nase halte. Sehe ich ein, schafft er auch bis Weihnachten nicht. Dann beginnt mein Hirn zu arbeiten. Ich verfüge ja über eine gehörige Portion krimineller Energie und beschließe nach einem Telefonat mit der Worlddancercrew das Zeug zu schmuggeln. No risk no fun. Im schlimmsten Fall werde ich mich beim Zoll ausweinen und ihm das Zeug schenken. Die Reithose packe ich schweren Herzens wieder aus, die wird nicht an die Fischstäbchen verschenkt.

Meine Schmuggelware kommt brav in Island an. Wir kommen extrem zügig an unser Gepäck. Dann trenne ich mich von der Truppe und lasse sie mit ihren vielen schweren Taschen vorweg gehen. Die werden ja wohl eher den Mann mit sichtlichem Übergepäck kontrollieren, als die charmant lächelnde, alleinstehende Frau mit kleinerer Tasche. Und wenn sie dann mit Reiners Taschen beschäftigt sind, gehe ich rechts vorbei. So der Plan.

Funktioniert. Tiefenentspannt schlendere ich zum Ausgang. Mit 2,5 Kilo Wurst, Schinken und Käse in der Tasche. Und ich lasse meine Reithose zu Hause…….????.

Na egal, jetzt gibt’s erstmal Frühstück mit reichlich Belag.