Monat: Januar 2018

Die Zeitschleife

Wir befinden uns in einer Zeitschleife. Und täglich grüßt das Murmeltier……….

Jeder Tag beginnt gleich, an jedem Tag wählen wir die Nummer von Bill. An jedem Tag erhalten wir die gleiche Antwort. Morgen. Morgen ganz bestimmt.

Ich beginne mir Gedanken zu machen, wie Bill Murray (alleine die Namensgleichheit gibt zu denken) aus seiner Murmeltierschleife herausgekommen ist. Er ist ein zynischer Mann, unzufrieden mit seiner Situation. Die Menschen um ihn herum gehen ihm auf die Nerven. Erst als er beginnt seine Persönlichkeit zu ändern, sich in seine Rita verliebt und das Leben genießt, wacht er eines morgens auf und hat den kommenden Tag erreicht. Ein neues Leben beginnt.

Soweit, so gut. Aber wen müssen wir jetzt lieben? Die nicht vorhandenen Ersatzteile? Den Getriebemann? Wir könnten damit anfangen Symrna Beach zu lieben und uns ein Leben in dieser reizenden Marina vorzustellen. Bald kommt der Sommer und es wird kuschelig warm. Man kann alles einkaufen, die Dusche ist heiß und unendlich.

Alleine die Beschäftigung mit dem Thema scheint zu helfen.

Heute ruft Reiner am Nachmittag bei Bill an und: DIE TEILE SIND DA !!!! ???? Bill ist schon dabei, sie einzubauen. Wir sind raus aus der Zeitschleife.

Sofort kommt Hektik im Kopf auf. Am Montag müssen wir definitiv unsere Cruisinglicence verlängern. Denn wenn auch Anfang der Woche ein hoffentlich intaktes Getriebe wieder eingebaut ist, müssen wir auf das passende Wetter warten. In den nächsten Tagen bläst es noch aus der falschen Richtung. Vorher noch einkaufen und nochmal Wäsche waschen.

Es kommt Bewegung ins Spiel. ????

Mañana

Der Montag geht ins Land. Wir haben nicht wirklich damit gerechnet, dass sich jemand bei uns meldet und uns mitteilt, dass unsere Teile da sind.

Aber, jetzt haben wir ja die Telefonnummer vom Getriebemann. Des einen Glück, des anderen Pech. Heute früh ruft Reiner ihn an. Man muss dem Mann zugute halten, dass er bisher immer ans Telefon gegangen ist, wenn wir ihn angerufen haben.

Tja, leider ist gestern keine Lieferung angekommen. Aber heute, heute wird es kommen. Bestimmt. Reiner teilt ihm schon mal mit, dass wir morgen wieder anrufen. Heute ist die Verwirrung allgemein nicht so groß, wie am Ende der letzten Woche. Er denkt daran, den Meister zu fragen, auf welche Teile wir denn nun konkret warten. Bill, der Meister der Getriebe antwortet ausführlich und unsere Vermutung bestätigt sich. Es handelt sich um die Teile, die auch auf der Messe in Düsseldorf vom Yanmarmann beschrieben wurden. Zusätzlich aber sollen auch noch irgendwelche kleinen Teile am Inputdingens (Federn und Scheiben) ausgetauscht werden. Und die seien schwieriger zu bekommen. Aber nun wird es ja. Morgen.

Wer nun glaubt, dass wir uns hier zu Tode langweilen, täuscht sich. Da waren doch noch die vielen unerledigten Dinge auf der Liste in Deltaville, die wir rigoros gestrichen bzw. verschoben haben. Noch nicht fertige Lackierarbeiten, Generatorpflege, Hydraulikölwechsel, und so weiter…..

Wer in der Marina liegt und Strom und Wasser bis zum Abwinken hat, wäre dumm, wenn er die Gelegenheit nicht nutzen würde. (Aber wehe ich höre jetzt ein, „ hat alles sein Gutes…“)

Vielleicht schaffen wir es ja, die Liste auf „0“ runter zu fahren. Gibt es sowas?

Wintereinbruch, die Zweite

Wir kommen also gegen 19.00 Uhr am Schiff an. Schnell rein und den Heizlüfter einschalten, bevor Eisblumen an der Scheibe kleben.

Warme Klamotten suchen und der Gang zur Toilette folgen. Plötzlich stinkt es nach Kabel. Gleichzeitig beginnt es zu qualmen. Helles Gefackel ist durch die Lüftungsschlitze in unserem Spannungswandler zu sehen. (Das ist das Gerät, das die hier üblichen 110 V in 220 V umwandelt, damit wir unsere deutschen Geräte benutzen können.) Ich brülle laut: „Es brennt!!!“, Reiner entzieht dem Ding den Strom. Nun qualmt es nur noch. Es stinkt erbärmlich. (Hallo Atanga, wir können auch sowas!)

Die Sicherung des Gerätes, die verhindern soll, dass es wegen Überlastung durchschmort, sitzt vollkommen unbehelligt an ihrer Stelle. Das Gerät ist im Eimer. ( Zwei Monate alt..) ????

Nun ist guter Rat teuer. Es ist Frost angesagt, ohne Heizung kein Spaß. Die Dieselheizung muss erst wieder zusammenschraubt werden. Also keine Option für den Moment. Die Geschäfte haben noch offen, schnell fällt der Entschluss einen 110 V Heizlüfter zu besorgen, der direkt angeschlossen werden kann. Zurück zum Auto und ab in den Baumarkt.

Unterwegs rutscht mir noch raus:“ …bei unserem Glück sind die Dinger jetzt ausverkauft…“

Und richtig! Die Angestellte lacht uns an und schlägt uns fröhlich vor, ein Lagerfeuer zu machen. ???? Ein Schenkelklopfer……..Heizlüfter gäbe es nicht mehr. Bei Walmart sieht es auch nicht besser aus. Das Regal ist leer. Winter in Florida.

Wir ergeben uns in unser Schicksal. Es wird eng zusammengerückt und alle möglichen Decken aus der Ecke gezerrt. Morgen sehen wir weiter. Die erste Nachthälfte ist erträglich, gegen Morgen wird es kalt. Saukalt. Nicht unter der Decke, aber bei allem, was oben rausguckt. Es ist so kalt, dass ich den Kopf auf dem Kissen nicht mehr verrücken möchte, weil das Kissen 10 cm weiter so eisig ist.

Gegen Morgen steht Reiner auf, nachdem die Sonne wieder auf das Schiff scheint. Ich warte lieber noch ein bißchen. Heldenhaft schraubt er die große Heizung zusammen, die dann auch sofort anspringt. Gegen 9.30 Uhr sind dann immerhin 10 Grad im Schiff. Überlebt.

Nach unserer Survivaltrainungseinheit widmen wir uns wieder unserem Hauptthema: Dem Getriebe. Es gibt keine Neuigkeiten. Die Zeichnung liegt unbehelligt im Büro, Rick ist nicht aufgetaucht. Immerhin ist die Marinachefin Pam inzwischen da. Sie will Rick anrufen und ihn nach dem Namen und der Telefonnummer des Getriebemenschen fragen. Jetzt.

Wir gehen einen Kaffee trinken und ich beginne langsam mit Meditationsübungen, da ich inzwischen gerne mal gegen Bäume treten möchte. ????????
Pam hat Erfolg. Wir bekommen die heilige Nummer und siehe da, der Mann geht sogar ans Telefon. Wir haben einen Lauf. Es geht sogar noch weiter. Es gibt die Teile nun doch noch – plötzlich ist von der Mehrzahl die Rede? – und sie sind bestellt. Es geht weiter. Sie kommen aus South Carolina und sollen am Montag eintreffen. Es geht weiter. Bis Mitte der Woche will er das Getriebe fertig haben, so dass es eingebaut werden kann.

Vor lauter Schreck vergessen wir zu fragen, um welche Teile es sich handelt. Sollen wir jetzt daran glauben? Die Spannung am Montag wird groß.

Allen, die uns bisher mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben tausend Dank. Es ist beruhigend zu wissen, dass es Menschen gibt, die Ideen haben und uns helfen. Mehrere Optionen haben sich aufgetan.

Hoffen wir mal, dass sich der Fall jetzt dem Ende entgegen neigt. Also ich finde ja immer, es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.

Everglades

Am Montagmorgen gibt Reiner noch die Explorationszeichnung unseres Getriebes an die Marinaleitung ab – unser Rick ist nicht aufzufinden – mit der Bitte, den Getriebemann nach der genauen Bezeichnung des Corpus delicti zu fragen. Im Anschluss setzen wir uns ins Auto und fahren Richtung Süden.

Wir landen in Homestead/Florida City, das fast am Eingang der Everglades liegt. Ein liebloses Städtchen vom Reißbrett. Zweckmäßig und Schluss. Gebucht haben wir ein einfaches Motel, so eins wie im Fernsehen, die hier die Straße säumen. Wir haben Glück. Sehr sauber, bequemes Bett.

Dienstag geht es los. Mitten durch den Nationalpark führt eine Straße bis zur südlichen Flamingobay. Von dort gehen einige Trails ab, die man zu Fuß bewandern kann. Empfohlen wird der Anhingatrail kurz hinter dem Eingang. Bei Empfehlungen sind wir zwar immer etwas misstrauisch, diesmal ist die Empfehlung aber richtig. Die Natur ist wirklich wunderschön.Überall liegen die Alligatoren rum oder schwimmen in den Sümpfen. Man soll 5m Abstand halten, als besonders aggressiv gelten sie nicht. Ich finde 10 m tun‘s auch.

Sie sind zwar etwas kleiner als die „echten“ Krokodile, die Zähne sehen aber genauso aus und ihre Beute zerreißen sie ebenso unangenehm……

Überrascht sind wir vom klarem Wasser. Bisher waren Sümpfe immer trübe. Hier kann man jede Seerose bis zur Wurzel sehen. Die Landschaft ist wasserdurchzogen, so wie man sich die Everglades eben vorstellt. Wir fahren weiter bis zur Flamingobay durch etwas trockener wirkende Grasebenen, in der Hoffnung auf viele der hübschen rosa Vögel zu treffen. Nicht ein einziger Flamingo taucht auf. Es gibt tausende von Seevögeln, aber keiner mit langen Beinen. Dafür brodelt das Wasser in der kleinen Bucht, die sich nach Süden öffnet. Es ist eine einzige Alligatorsuppe hier. Fressen die Flamingos?

In die Bucht ist eine kleine Steganlage gebaut für kleine Boote und Kanus, die gemietet werden können. Also ob ich da jetzt ins Kanu steigen würde……….????

Damit ist unser Abenteuer auch schon beendet. Ganz sicher wäre die beste Möglichkeit, die Everglades zu erkunden tatsächlich das Kanu. Mit Guide wenn möglich. Denn wir finden gleich neben dem Kanuverleih noch ein großes Krokodil in der Sonne. Und die sollen angriffslustiger sein, als die Alligatoren.

Auf dem Rückweg zum Schiff wollen wir noch den berühmten Miamibeach sehen. Wieder sind wir etwas skeptisch, aber wenn man schon mal direkt dran vorbei fährt, kann man ja mal gucken.

Überraschung. Der Strand ist wirklich toll. Weißer Sand, türkises Wasser, kein Müll, kein Seegras. Direkt dahinter verläuft der Boardwalk, ein hölzerner Weg, der den Strand von den Hochhäusern trennt und an den Seiten ordentlich begrünt ist. Alle 100 m sitzt ein durchtrainierter Baywatcher auf seinem bunten Türmchen und passt auf. Viel hat er nicht zu tun, der Strand ist ziemlich leer.

Es ist sehr warm. Wir sitzen in der Sonne mit den Füßen im feinen Sand. Hatten wir lange nicht. Hoffnungsvoll blicken wir aufs Handy, um zu sehen wie eigentlich das Wetter bei uns in New Smyrna Beach ist. Für die folgende Nacht sind -2 Grad angesagt. ???? Heilig’s Bleche. Was für ein Unterschied auf den paar Kilometern. Dann muss wohl die Heizung wieder laufen. Aber dazu morgen. ????

 

 

Wenn‘s mal wieder länger dauert…..

…brauchen wir dringend eine Idee.

Mittlerweile sind wir wieder beide in Florida. Die Eidechsen sind aufgetaut, ich lande bei 25 Grad in der guten alten Waschküche. Die Worlddancer zieht weiter auf die Bahamas, nur wir stehen still. Es tut sich nichts.

Dabei sieht es Anfang der letzten Woche tatsächlich gut aus. Beim Getriebemann trifft das ersehnte Paket von Yanmar ein. Hurra! Was leider nicht erscheint, ist unser Ersatzteil. Ratlosigkeit auf allen Seiten. Es ist verschwunden und niemand weiß wohin. ???? Ob es irgendwo in Japan bei Yanmar auf dem Flur liegt oder aus dem Flugzeug gefallen ist, man weiß es nicht. Angeblich ist es das letzte gewesen, mehr sei nicht auf Lager. Meine Logistik studierende Tochter erklärt mir, dass der Schwund bei Lieferungen aus Übersee bei 5% liegt. Großartig, warum gehören wir zu den 5%???

Wir haben im Moment keine Ahnung, wie und wann es weitergeht. Fakt ist, dass wir demnächst mit den Behörden diskutieren müssen, da unsere Cruisinglicence ausläuft.

Was nun……?

Angeblich wird inzwischen parallel nach einem kompletten Austauschgetriebe geforscht. Begeistert sind wir nicht. Erstens kostet sowas viel Geld, zweitens weiß man ja nie genau, was man da bekommt. Problematisch ist auch, dass wir noch nicht mal die Teilenummer des defekten Teils kennen. In den kompletten Unterlagen unseres Getriebes ist es nicht zu finden.

Ich würde mich am liebsten sofort selber auf die Suche nach einem Ersatzteil machen. Es muss doch irgendwo auf der Welt noch sowas geben. Reiner befürchtet, dass unsere Helferlein hier dann gar nichts mehr machen und sich auf uns verlassen. Aber so geht‘s ja auch nicht weiter.

Wir werden auf jeden Fall jetzt erstmal versuchen die Teilenummer oder genaue Bezeichnung des gesuchten Ersatzteils rauszufinden. Und dann brauchen wir Ideen. Jede Menge.

Morgen werden wir einen Ausflug in die Everglades machen. Wenn wir hier schon rumhängen, können wir uns wenigstens die Gegend angucken. Aber Mitte der Woche muss ein Plan her.

Wer Ideen hat, immer raus damit.

Es regnet Eidechsen

Alle Feiertage sind vorbei, alle Kekse gegessen, der Baum abgeräumt. Reiner ist wieder in Florida und freut sich auf wärmere Temperaturen.

Ha. Falsch.

Auch in Deutschland wird mittlerweile in den Medien über die Kältewelle an der Ostküste der USA berichtet. In Deltaville, wo wir die Hurrricansaison verbracht haben, herrscht arktische Kälte bis zu minus 20 Grad. Wer es nicht geschafft hat rechtzeitig den Absprung zu schaffen, hängt im wahrsten Sinne des Wortes fest. Im Eis.

Die Kälte zieht sich runter bis nach Florida. Keine Minusgrade, aberkannt  immerhin hat Reiner in seiner ersten Nacht trotz Heizlüfter nur 11 Grad im Schiff ????Die große Heizung kann im Moment nicht laufen, da alle Schläuche offen sind. Heizlüfter Nr. 2 muss aus dem Schrank.

Es ist so kalt, dass die Eidechsen in Kältestarre verfallen und von den Bäumen purzeln.

Ich werde Mitte nächster Woche hinterherfliegen. Bis dahin sollen die Temperaturen wieder normal sein. Tagsüber zwischen 20-25 Grad nachts um die 15. Dann tauen auch die Eidechsen wieder auf und krabbeln weiter.

Schade, dass es keine Getriebeteile von den Bäumen regnet. Denn unseres ist immer noch nicht da. Es sei unterwegs, sagt Rick. Wann es versendet wurde oder wo es herkommt, weiß er nicht.
Na hoffentlich ist das Teil nicht auf dem Schiff auf dem Weg aus Japan oder China. Sonst werden wir doch noch in die Verlängerung gehen müssen. Vielleicht kann die Marina ja was aushandeln.

Wir wünschen noch allen Lesern ein frohes neues Jahr und hoffen, demnächst wieder über interessantere Dinge, als kaputte Teile berichten zu können. ????